07 Dezember 2011

FAZ über Siri

Nachdem bereits Spiegel online vor einigen Tagen einen ausführlichen Bericht über Siri, die neue Spracherkennung im iPhone, gebracht hat, jetzt auch ein ausführlicher Bericht in der FAZ (Technik und Motor, 06.12.2011). Autor ist wie immer Dr. Michael Spehr, der Spracherkennungsexperte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. (Artikel im Blog von Michael Spehr lesen)

Seiner Meinung nach liegt die wichtigste Neuerung von Siri in der engen Verzahnung der Spracherkennung mit dem Betriebssystem, die dafür sorgt, dass der Computer Anweisungen, die er per Sprache erhält, sofort umsetzen kann, ohne dass der Benutzer noch eingreifen muss. Das funktioniert deshalb, weil es auf dem iPhone praktisch keine Auswahlmöglichkeiten gibt, in welchem Programm der Befehl umgesetzt werden muss – ein Kalendereintrag greift immer auf denselben Kalender zu und hat nicht die Auswahl zwischen Outlook, dem Google-Kalender Kalender oder Lotus Notes; eine Websuche nutzt immer den Standard-Browser und die voreingestellte Suchmaschine Wolfram Alpha, die wiederum in der Lage ist, strukturierte Anfragen zu verarbeiten und zu beantworten. Damit ändert sich grundlegend die Interaktion des Nutzers mit dem Computer. Michael Spehr sieht solche Änderungen auch schon für Desktop-Computer voraus und prophezeit:

„Die Frage ist nicht mehr, ob und wie gut die Technik funktioniert, sondern ob man gewillt ist, in aller Öffentlichkeit oder zumindest im Büro mit seinem iPhone zu sprechen. Es geht allein um die soziale Akzeptanz. Wer die Idee für abstrus hält, denke zurück an eine Bürowelt ohne Telefone im 19. Jahrhundert.“

In der Tat scheint die soziale Akzeptanz, glaubt man zumindest den zahlreichen Kommentaren in diversen Foren, das entscheidende Kriterium zu werden. Noch immer können sich viele nicht vorstellen, unterwegs – also vor aller Augen der Öffentlichkeit – „mit ihrem Handy zu sprechen“. Obwohl sie natürlich schon seit vielen Jahren in aller Öffentlichkeit in ihr Handy sprechen und private Details vor den Ohren einer ganzen U-Bahn ausbreiten, aber das scheint etwas anderes zu sein.

Das Schlüsselwort ist tatsächlich „Anthropomorphisierung“. Schon das Diktat in einem Computer sorgt dafür, dass man ihm menschliche Eigenschaften zuschreibt (wie oft benutze ich eigentlich die Phrase „liebenswerte Eigenheiten unseres kleinen Drachen“?); Wenn die Maschine dann auch noch antwortet wie ein Mensch, verschwimmen die Unterschiede immer weiter. Neben der sozialen Akzeptanz stellt sich daher auch noch eine ethische Dimension. Wollen wir wirklich mit der Maschine umgehen wie mit einem Menschen? Dass auch hier die Kategorien bisweilen verrutschen, zeigt sich bei (fast) allen Hundebesitzern...

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